Gleich zweimal treffen dem venezianischen Barock nachempfundene Klänge auf moderne Töne. Es gibt ein Wiederhören mit Rondo Veneziano und Werken, die sein Hauskomponist diesem populären italienischen Orchester auf den Leib geschrieben hat. Beim „Concerto“ und bei „Venti D’Oriente“ mischte aber nicht nur Gian Piero Reverberis, sondern auch sein Co-Kompositeur Ivano Pavesi mit. Zur Barock-Galanterie gesellt sich immer auch eine Popnote.
Im „Concerto“ gießt das Erste Orchester unter der Leitung von Igor Omelchuk eine leichte Wehmutsnote in eine klangschöne Form. Dann sprudeln die Läufe nur so über vor Lebenslust, zwischen den Instrumenten entspinnt sich ein leidenschaftlicher Flirt. Überwiegend lebhaft und heiter nimmt sich „Venti D’Oriente“ aus. Die Tastenvirtuosen entfachen einen regelrechten barocken Sturm. In dieser Musik verwöhnt einen Venedig mehr mit Leben, Liebe und Genuss denn mit Tod und Leid.
Ähnliches gilt für „Le Nozze Veneziane“, einem stimmungsvollen Werk des holländischen Komponisten Kees Vlak. Wie so oft erzählt der Komponist mit seiner Musik eine Geschichte. Der Zuhörer nimmt an einer Traumhochzeit in Venedig teil. Auf eine prunkvolle, feierliche Ouvertüre lässt das Orchester innige und zärtlich schimmernde Momente folgen. Eine romantische Barcarole gipfelt in eine wild- rasante Tarantella. So schwelgen die Tastenkünstler sowohl in seidigen, malerischen Harmonien, als auch in einem fiebrigen Rhythmustaumel.
Stolz und Leidenschaft liegen in Astor Piazzollas Tangostück „Primavera Portena“ nahe beieinander. Es schlägt die temperamentvolle Stunde des Ensembles der Jettinger Akkordeonisten. In die expressiven Rhythmen fließen beim Tango-Erneuerer Piazzolla leichte Dissonanzen. Zur Klangavantgarde zählte ab der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts auch der Franzose Camille Saint-Saëns. Das Ensemble nimmt sich einer markanten, aber auch leicht verstörenden sinfonischen Dichtung dieses Komponisten an. Unter scherzohaften Tönen, turbulenten Rhythmuskaskaden, einem burlesken Walzerthema lädt Gevatter Tod zum Totentanz. Ein infernalischer Reigen bricht vom Zaun.
Feuerwerk und Ekstase
Auf die schillernde, schwarze Romantik eines Saint-Saëns schließen sich wenig später feurige Csardas-Rhythmen samt einer melancholischen Weise an. Mit einer „kleinen ungarischen Rhapsodie“, vollbepackt mit folkloristischen Zitaten, haben sich die Akteure des Orchesters erneut ein Werk des Holländers Kees Vlak ausgespickt. Nach dem Rhythmusfeuerwerk eines letzten Csardas gipfeln die Tänze des Lebens in die Ekstase irischer Jigs und Reels aus der Tanzshow „Lord of the Dance“. Ganz am Anfang des Tanzreigens hatten sich die Akkordeonspieler unter viel Elan in einem Konzert in d-Moll von Johann Sebastian Bach die Motive zugespielt. Raumgreifende Läufe, eine unglaubliche Dynamik, eine sich stetig steigernde Energie rücken dieses so gar nicht spröde Bach-Werk in die Nähe der Barockmusik Vivaldis.